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21.07.2024

Matteo Berrettini glänzt in Gstaad

Bild: Swiss Open Gstaad
Swiss Open Gstaad – Matteo Berrettini (ATP 82) gewinnt zum zweiten Mal nach 2018 das Tennis Swiss Open in Gstaad. Der 28-jährige Römer besiegt im Final den französischen Qualifikanten Quentin Halys (ATP 192) in 59 Minuten 6:3, 6:1.

Berrettinis Comeback nimmt nach vier Monaten an Fahrt auf

Am Ende war der Italiener überglücklich. "Es ist ein unglaubliches Gefühl", so Matteo Berrettini. "Es fühlt sich an wie gestern, als ich hier meinen ersten Titel gewann. Dabei ist das sechs Jahre her - und so viel ist passiert seither."

Viel passiert: Vorerst ging es nach 2018 nur aufwärts für Berrettini. In der Weltrangliste stiess er bis auf Platz 6 vor, in Wimbledon erreichte er 2022 seinen ersten Grand-Slam-Final. In den letzten vier Jahren machten ihm aber immer mehr gesundheitliche Probleme zu schaffen. Es begann mit einem Leistenbruch (2020), dann folgte eine Operation an der rechten Schlaghand. Ab dem Sommer 2023 pausierte Berrettini erneut. Die neue Saison eröffnete er mit drei Monaten Verspätung im März.

Zu dem Zeitpunkt belegte Berrettini im Ranking bloss noch Platz 154, "und an die Weltrangliste mochte ich zu dem Zeitpunkt gar nicht denken", so Berrettini. "Ich blendete die Klassierung bewusst aus. Ich setzte mir auch keine Ziele. Dazu waren Verunsicherung und Zweifel zu gross. Alles, was ich wollte, war gesund bleiben."

8 Turniere, 4 Finals

In dieser Hinsicht sieht es gut auf für Berrettini. Er spielte nicht viele Turniere, verzichtete beispielsweise auf das French Open. Aber an den Turnieren, an denen er antrat, spielte er vorzüglich. Bis und mit Gstaad bestritt Berrettini in dieser Saison über alle Levels (Challenger, ATP Tour) acht Turniere. An der Hälfte dieser Events qualifizierte er sich für den Final. In Marrakesch und Gstaad triumphierte er, in Phoenix (Challenger) und Stuttgart verlor er den Final.

Im Saanenland spielte Berrettini so gut wie noch nie seit dem Comeback. Auf jenem Centre Court, auf dem er auch 2022 den Final (gegen Casper Ruud) erreichte und ganz knapp verlor, brillierte der Italiener auf der ganzen Linie. Die ansteigende Form stellte Berrettini bereits in Wimbledon unter Beweis, als er Jannik Sinner alles abverlangte (6:7, 6:7, 6:2, 6:7). In Gstaad gab Matteo Berrettini die ganze Woche lang keinen Satz ab. Ab Freitag besiegte er der Reihe nach Félix Auger-Aliassime (7:6, 7:6), Stefanos Tsitsipas (7:6, 7:5) und Überraschungsmann Quentin Halys. Insbesondere gegen Auger-Aliassime und Tsitsipas zeigte er, dass nicht mehr viel fehlt zur Bestform.

Vormarsch der Finalisten

Aber die Roy-Emerson-Arena in Gstaad sei halt auch ein "äusserst spezieller Court" für ihn. Vor allem mit dem Aufschlag präsentierte sich Berrettini unwiderstehlich. Einzig gegen den Kolumbier Daniel Galan im Achtelfinal brachte er ein Aufschlagspiel nicht durch. Berrettini spielte so gut, dass er sich jetzt sogar wieder traut, Ranking-Ziele zu formulieren. "Wenn ich es bis Ende Jahr schaffe, unter die Top 30 vorzustossen, wäre das cool. Dann hätte ich im Januar am Australian Open einen Platz in der Gesetztenliste auf sicher."

Mit dem Turniersieg von Gstaad verbessert sich Berrettini in der Weltrangliste vom 82. auf den 50. Platz. In der Jahreswertung belegt er sogar schon Platz 40.

Auch Quentin Halys schaffte in Gstaad einen beachtlichen Sprung nach vorne. Den 27-jährigen Franzosen spült es in der Weltrangliste vom 192. auf den 125. Platz. Dabei drohte ihm vor einer Woche in der Qualifikation in der Startrunde gegen den Italiener Giovanni Fonio beim Stand von 0:4 und 2:5 im Tiebreak des zweiten Satzes (nach verlorenem Startsatz) ein weiteres tristes, frühes Ende.

Für Halys endete das Turnier erst acht Tage später. Und trotz zuvor sechs Siegen hintereinander war Halys am Ende "traurig - und enttäuscht über meine Leistung". Gegen Berrettini boten sich Halys drei Breakbälle hintereinander für eine 4:2-Führung im ersten Satz. Halys, der in zuvor sechs Partien bloss zweimal den Aufschlag nicht durchgebracht hatte, verlor daraufhin vier Servicegames in Folge. Halys brach nach der gut 20-minütigen Regenunterbrechung völlig ein. Im zweiten Satz entschied Halys bis zum Stand von 0:5 bloss einen einzigen Ballwechsel für sich.

Wie zu den besten Zeiten

Für die Organisatoren endete das Turnier mit einer grandiosen Bilanz. 38'000 Zuschauer kamen nach Gstaad - rund 4000 mehr als vor einem Jahr und so viele wie seit den grössten Jahren des Turniers vor 20 bis 25 Jahren, als Roger Federer triumphierte (2004) oder Boris Becker den Final erreichte (1998), nie mehr. "Diese Ausgabe des Swiss Open ist definitiv eine der besten der letzten Jahre", sagte Turnierdirektor Jeff Collet stolz, obwohl die Schweizer Akteure auch in diesem Jahr enttäuschten und bloss eines von fünf Einzeln gewannen. Der Vertrag mit Haupt- und Titelsponsor EFG konnte um drei Jahre verlängert werden. Die globale Privatbankengruppe bleibt bis mindestens 2027 an Bord.

Keystone-SDA