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21.09.2024

Hochwasserschutz im Zürcher Unterland: Planungen bleiben stecken

Bild: Peter Wick
Während Europa von Unwettern heimgesucht wird, zeigt sich auch im Zürcher Unterland Handlungsbedarf beim Hochwasserschutz. Verzögerungen und Auflagen bremsen wichtige Projekte aus.

Während Europa in den vergangenen Wochen von schweren Überschwemmungen heimgesucht wurde, ist die Schweiz bisher glimpflich davongekommen. Doch das Zürcher Unterland ist nicht vor ähnlichen Szenarien gefeit. Nach den jüngsten Unwettern haben die beiden Journalisten Manuel Navarro und Christian Wüthrich in einer bemerkenswerten Recherche für den Zürcher Unterländer Schwachstellen im Hochwasserschutz aufgedeckt, und es wird klar, dass es auch hier dringenden Handlungsbedarf gibt. 

Die Bilder von überfluteten Straßen und beschädigten Häusern in Niederösterreich, Polen, Tschechien und Rumänien gehen um die Welt und lassen erahnen, was passieren könnte, wenn derartige Wassermassen auch im Kanton Zürich niedergehen würden. Eine solche Wetterlage ist nicht ausgeschlossen, wie das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel) des Kantons Zürich bestätigt. „Eine solche Wetterkonstellation mit einem Mittelmeertief, das länger andauernde Niederschlagsereignisse verursacht, ist auch im Schweizer Alpenraum möglich“, so die Sprecherin Katharina Weber gegenüber dem Zürcher Unterländer. 

Gefahr erkannt, doch der Schutz lässt auf sich warten

Die Naturgefahrenkarten des Kantons Zürich bieten einen detaillierten Überblick über die potenziellen Gefahrenzonen. Besonders die Städte Zürich und Winterthur, sowie Kloten und Bassersdorf, stehen unter erhöhter Beobachtung. Hochwasserschutzprojekte sind zwar in Planung, doch die Umsetzung verläuft vielerorts schleppend.

Beispiel Embrach: Hier kam es Anfang September zu Überschwemmungen, die große Schäden verursachten. Die Gefahren sind seit Jahren bekannt, entsprechende Schutzmaßnahmen wurden bereits 2017 und 2019 geplant. Doch bisher wurde nur ein kleiner Teil der Schutzvorkehrungen umgesetzt. Während die Projekte für den Haselbach bereits 2020 abgeschlossen wurden, warten andere Bäche in der Region noch auf konkrete Maßnahmen, die frühestens zwischen 2026 und 2033 umgesetzt werden sollen.

Planungen treffen auf bürokratische Hürden

Ein weiteres Problem ist die Komplexität der Projekte. „Solche Projekte im intensiv genutzten Raum sind in der Regel komplex, weil sie sehr viele Interessen berühren“, betont Weber im Unterländer. Betroffene haben oft die Möglichkeit, Rechtsmittel zu ergreifen, was zu erheblichen Verzögerungen führen kann. Diese Verzögerungen sind auch in Gemeinden wie Rafz zu spüren, wo seit über zehn Jahren an Hochwasserschutzmaßnahmen gearbeitet wird. Immer wieder kommen neue Auflagen hinzu, insbesondere im Bereich des Naturschutzes, die den Prozess in die Länge ziehen.

Die Projekte sind nicht nur bürokratisch, sondern auch finanziell herausfordernd. In Rafz belaufen sich die Kosten für die Hochwasserschutzmaßnahmen mittlerweile auf knapp 9 Millionen Franken. Bund und Kanton beteiligen sich zwar an den Kosten, jedoch nur, wenn alle Auflagen erfüllt sind. Gemeinden, die nicht spuren, müssen die Kosten selbst tragen.

Bassersdorf und Kloten vor großen Aufgaben

In Bassersdorf ist das Hochwasserrisiko des Altbachs seit langem bekannt. Bei einem Extremereignis könnte der Dorfbach das gesamte Zentrum überfluten und Schäden in Milliardenhöhe verursachen. Der Kanton Zürich hat bereits Maßnahmen eingefordert, doch auch hier gibt es Verzögerungen. Zwei Varianten stehen zur Diskussion: Ein Entlastungsstollen, der das Wasser am Dorf vorbei leiten würde, oder ein Ausbau des gesamten Gewässerraums. Doch die Kosten, besonders für den Stollen, sind immens und dürften bis zu 30 Millionen Franken betragen.

Auch Kloten, direkt unterhalb von Bassersdorf und in unmittelbarer Nähe des Flughafens, muss sich auf mögliche Hochwasser vorbereiten. Ein Projekt zur Verlängerung der Glattalbahn umfasst auch Hochwasserschutzmaßnahmen, darunter einen weiteren Entlastungsstollen. Doch bis zur Umsetzung vergehen noch Jahre, und der Druck auf die Gemeinden wächst.

Die Zeit drängt

Das jüngste Unwetter in Embrach hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig effektiver Hochwasserschutz ist. Die geplanten Maßnahmen müssen dringend umgesetzt werden, doch der Weg dorthin ist oft langwierig und bürokratisch. Während die Schweiz bei den jüngsten Unwettern in Europa glimpflich davongekommen ist, bleibt die Frage, ob das Zürcher Unterland für künftige Extremereignisse gewappnet ist. Der Handlungsbedarf ist da, doch die Umsetzung erfordert Zeit, Geld und den Willen, die Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.

 

 

 

mj