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17.04.2025

Dr. Unterland: «Was uns stark macht»

Bild: KI/zVg
zu24-Frühlingsserie mit Hausarzt 4.0 Dr. med. Giovanni Fantacci. Heute: Was ist Resilienz – und wie können wir sie stärken?

Was uns stark macht
Das Leben ist nicht schwarz oder weiss. Es ist voller Grauschattierungen, Herausforderungen und Wendepunkte. Doch was macht uns stark inmitten dieser Unsicherheiten? Die Antwort liegt in unserer Resilienz – der Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sogar gestärkt aus ihnen hervorzugehen.

Boris Cyrulnik, ein französischer Neurologe, der als Kind den Holocaust überlebte, ist ein beeindruckendes Beispiel für Resilienz. Trotz unermesslicher Traumata fand er seinen Weg zurück ins Leben und wurde ein bedeutender Wissenschaftler in der Thematik der Resilienz.

Was sind die verschiedenen Resilienzfaktoren?

Positive Emotionen: Freude, Neugier, Zufriedenheit – wer regelmässig positive Gefühle erlebt, kann auch in Krisen leichter das Gute erkennen und sich besser erholen.

Optimismus: Optimistische Menschen haben eine positive Erwartungshaltung. Sie glauben daran, dass sie Schwierigkeiten überwinden können, und handeln entsprechend.

Hoffnung: Wer Hoffnung hat, findet Kraft, schwierige Situationen durchzustehen. Sie hilft uns, nach Lösungen zu suchen, anstatt in Verzweiflung zu versinken.

Selbstwirksamkeit: Das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern, ist entscheidend für Resilienz. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit geben nicht so schnell auf.

Selbstwertgefühl: Wer sich selbst akzeptiert und wertschätzt, bleibt stabiler in schwierigen Zeiten. Ein gesundes Selbstwertgefühl schützt vor Selbstzweifeln und Resignation.

Kontrollüberzeugung: Die Überzeugung, dass wir unser Leben selbst steuern können, macht uns widerstandsfähiger. Wer sich als hilflos erlebt, fühlt sich dagegen den Umständen ausgeliefert.

Kohärenzgefühl: Nach dem Soziologen Antonovsky bedeutet dies, das Leben als verständlich, handhabbar und sinnvoll zu erleben. Ein starkes Kohärenzgefühl hilft, auch in schwierigen Zeiten Orientierung zu behalten.

Hardiness: Diese Widerstandskraft bezeichnet die Fähigkeit, Veränderungen als Herausforderung zu sehen und nicht als Bedrohung.

Religiosität und Spiritualität: Der Glaube an einen höheren Sinn oder spirituelle Praktiken können Menschen in Krisen Halt geben.

Soziale Unterstützung: Niemand muss allein stark sein. Ein stabiles soziales Netz ist eine der wichtigsten Ressourcen für psychische Widerstandskraft.

Doch Resilienz bedeutet nicht, unverwundbar zu sein. Jeder Mensch erlebt Rückschläge. Entscheidend ist, wie wir darauf reagieren. Sehen wir darin eine Gelegenheit zum Wachstum? Oder bleiben wir in Hilflosigkeit gefangen? In meiner Hausarztpraxis erlebe ich wie verschieden die Menschen mit Krankheiten umgehen und dass Gesundheit viel mehr als die Abwesenheit von Krankheit ist. Es geht darum, trotz Einschränkungen ein erfülltes Leben zu führen.

Wir können Resilienz trainieren, indem wir positive Emotionen zulassen, uns in Optimismus üben, soziale Netzwerke pflegen und Sinn in unserem Tun finden. Und ausserdem indem wir lernen, auf uns selbst zu vertrauen und mit Widrigkeiten umzugehen.

Dr. med. Giovanni Fantacci, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin mit Hausarztpraxis in Niederhasli.

mj