Im Zürcher Unterland stossen die vom Kanton Zürich geplanten neuen Deponiestandorte zunehmend auf Widerstand. Besonders in Rafz sorgte ein deutliches Zeichen der Bevölkerung für Aufsehen: Die rekordverdächtig besuchte Gemeindeversammlung lehnte den geplanten Dienstbarkeitsvertrag mit dem Deponieinteressenten Eberhard ab. Damit ist der Standort „Bleiki“ zwar nicht endgültig vom Tisch, doch das Nein gilt als starkes politisches Signal Richtung Kantonsregierung in Zürich.
Auch in anderen Gemeinden regt sich Widerstand. In Dielsdorf wehrt sich der Gemeinderat geschlossen gegen die Deponie „Ebni“ und warnt vor erheblichen Eingriffen in Landwirtschaft und Naherholung. Niederhasli (Feldmoos) und Regensdorf (Ebni) sehen sich bereits heute überdurchschnittlich stark belastet und kritisieren die geplante Lastenverteilung.
Der Kanton betont, dass der Entscheid über die Festsetzung im Richtplan letztlich beim Kantonsrat liege. Dass ein Standort – wie in Rafz – lokal abgelehnt wird, bedeute nicht automatisch, dass er nicht ins kantonale Richtplankonzept aufgenommen werde. Die Baudirektion verweist dabei auf die strategische Notwendigkeit, genügend Standorte zu sichern, um die Entsorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten – und das möglichst ohne Enteignungen.
Noch bis Herbst 2025 läuft das Vernehmlassungsverfahren zur Richtplan-Teilrevision. Die Rückmeldungen aus den Gemeinden und der Bevölkerung fliessen in die endgültige Standortwahl ein. Die politischen und gesellschaftlichen Spannungen zeigen jedoch bereits jetzt: Die Suche nach neuen Deponieflächen im Zürcher Unterland wird für den Kanton zum Kraftakt.
ZU24 hat mit Isabelle Rüegg von der Baudirektion des Kantons Zürich über die Causa Deponieen gesprochen:
ZU24.ch: Frau Rüegg, hat die Baudirektion das deutliche Nein an der Gemeindeversammlung in Rafz erwartet – oder kam es überraschend?
Kanton: Wir nehmen den Entscheid der Gemeindeversammlung in Rafz zur Kenntnis. Er wird auch in die weitere Planung einfliessen.
ZU24.ch: Viele Gemeinden im Kanton möchten keine Deponie auf ihrem Gebiet. Wie versuchen Sie, mit Überzeugungsarbeit die Bevölkerung dennoch mitzunehmen?
Kanton: Uns war von Anfang an wichtig, dass sich die Direktbetroffenen wie auch die Öffentlichkeit über den Prozess der Deponieplanung informieren und sich selbst ein Bild von einer Deponie machen können. Deshalb haben wir bei der Bekanntgabe der potenziellen Standorte 2024 Informationsveranstaltungen für Gemeinden und Grundeigentümer sowie öffentliche Veranstaltungen durchgeführt. Dabei konnte man eine bestehende Deponie besichtigen.
ZU24.ch: Könnte der Kanton trotz dem Nein aus Rafz übergeordnetes Recht geltend machen und die Deponie dort trotzdem realisieren?
Kanton: Die Rafzerinnen und Rafzer haben den Dienstbarkeitsvertrag der Gemeinde mit dem interessierten Deponieunternehmen abgelehnt. Eine solche Vereinbarung ist die Grundlage für den Bau und Betrieb einer Deponie. Enteignungen sind rechtlich grundsätzlich möglich, aber immer nur, wenn man das Ziel nicht anders erreichen kann.
ZU24.ch: Wie geht es jetzt weiter? Wird das Nein aus Rafz akzeptiert, oder ist der Standort weiterhin im Rennen?
Kanton: Der Entscheid der Rafzerinnen und Rafzer bedeutet nicht automatisch, dass der Standort nicht weiterverfolgt und in den Richtplan aufgenommen wird. Welche Standorte für mögliche Deponien im Richtplan festgesetzt werden, entscheidet der Kantonsrat auf Antrag des Regierungsrats.
ZU24.ch: In anderen Gemeinden besitzt der Kanton das betroffene Land nicht, anders als in Rafz. Wird dort eine Realisierung einfacher – und wie gehen Sie mit möglichem Widerstand um?
Kanton: Jeder Standort bringt eigene Voraussetzungen mit. Gerade weil sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass sich nicht an jedem potenziellen Deponiestandort, der im Richtplan eingetragen ist, auch innert der erforderlichen Frist eine Deponie realisieren lässt, hat die Baudirektion mit der «Gesamtschau Deponien» mehr geeignete Standorte für einen Richtplaneintrag vorgeschlagen, als voraussichtlich notwendig sind. Das bietet Flexibilität.
ZU24.ch: Möchten Sie unseren Leserinnen und Lesern zum Schluss noch etwas mitgeben?
Kanton: Wir alle produzieren Abfall. Mit der Entsorgung über eine Behandlungsanlage wie z.B. eine Kehrichtverbrennung ist es nicht getan. Bei der Behandlung von Abfällen entstehen nach wie vor schadstoffhaltige Rückstände, welche nicht in den Kreislauf zurückgeführt werden dürfen. So werden im Kanton Zürich jährlich 700'000 bis 1'000’000 Tonnen Abfälle auf Deponien abgelagert. Auch wenn wir bestrebt sind, diese Menge zu reduzieren, braucht es trotzdem auch in Zukunft Deponien, um nicht mehr verwertbare Abfälle sicher zu lagern.