Der Kanton Zürich hat am Wochenende mehrere kantonale Vorlagen entschieden, die künftig die Verkehrs-, Wohnungs- und Digitalpolitik prägen. Im Mittelpunkt standen die Frage nach Tempo 30 auf Hauptstrassen, die Förderung bezahlbaren Wohnraums und ein neues Grundrecht auf digitale Integrität.
Tempo 30 auf Hauptstrassen: Kanton übernimmt das Steuer
Die wohl bedeutendste Veränderung betrifft den Verkehr: Mit der angenommenen Mobilitätsinitiative wird Tempo 50 auf Hauptstrassen zum kantonal festgelegten Regelfall. Die Städte Zürich und Winterthur verlieren damit die Möglichkeit, selbstständig Tempo-30-Strecken auf ihren Hauptachsen einzuführen.
Ausnahmen bleiben zwar möglich – etwa vor Schulen, Kindergärten oder Alterszentren –, doch der Spielraum der Städte wird massiv eingeschränkt. Befürworter sehen darin eine Stärkung eines leistungsfähigen Strassennetzes, Gegner sprechen von einem «Rückschritt für Lärmschutz und Verkehrssicherheit».
Wohnraum-Abstimmungen: Initiative fällt klar durch – Gegenvorschlag knapp angenommen
Eine zweite grosse Vorlage betraf die Wohnraumförderung. Die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» scheiterte deutlich: Nur rund 40,7 Prozent sagten Ja. Die Forderung nach einem kommunalen Vorkaufsrecht für Grundstücke fand damit keine Mehrheit.
Der moderatere Gegenvorschlag des Kantonsrats – eine Erhöhung des kantonalen Wohnbauförderungs-Kredits von 180 auf 360 Millionen Franken – schaffte hingegen mit einem knappen 51-Prozent-Ja den Durchbruch. Die Stimmbevölkerung setzt damit auf gezielte, aber weniger weitreichende Fördermassnahmen.
Grundrecht auf digitale Integrität: Kanton bleibt zurückhaltend
Ebenfalls zur Diskussion stand ein neues Grundrecht auf digitale Integrität. Die Initiative wollte weitgehende Schutzmechanismen in der Verfassung verankern – etwa im Umgang mit persönlichen Daten oder bei staatlichen IT-Diensten. Doch das Stimmvolk zeigte sich zurückhaltend: Die Initiative wurde verworfen, ebenso der Gegenvorschlag mit abgeschwächter Formulierung.
Digitale Rechte bleiben damit weiterhin durch bestehende Datenschutz- und Informationsgesetze geregelt.
Einordnung: Bevölkerung setzt auf Kontinuität und kantonale Koordination
Die Abstimmungssignale sind klar:
- Verkehr: Tempo 30 wird auf Hauptstrassen zur Ausnahme – der Kanton koordiniert künftig zentral.
- Wohnraum: Weitgehende Eingriffe in den Immobilienmarkt werden abgelehnt; moderate Förderung bleibt erwünscht.
- Digitalpolitik: Kein neues Grundrecht – der Kanton setzt auf bestehende Regelungen.
Für Städte wie Zürich und Winterthur bedeutet dies vor allem im Verkehrsbereich eine spürbare Einschränkung der eigenen Gestaltungsmöglichkeiten. Gleichzeitig zeigt sich die Stimmbevölkerung zurückhaltend gegenüber weitreichenden Reformen – sowohl im Wohnungsmarkt wie auch im digitalen Raum.