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Region Bülach
25.11.2024
25.11.2024 09:18 Uhr

Eglisau: Wäre eine Steuererhöhung nicht ehrlicher?

Bild: Pati Grabowicz
Bild: Pati Grabowicz Bild: zvg
Das hohe Nettovermögen der Gemeinde wird vollständig abgebaut. Trotz angespannter Lage ist eine Steuererhöhung kein Thema. Wahlkampf?

Die finanzielle Lage ist angespannt. In vielen Unterländer Gemeinden, auch in Eglisau. Das Editorial des Gemeindepräsidenten Roland Ruckstuhl im November Mitteilungsblatt liest sich wie eine Gewinnwarnung an die Bevölkerung: "Um es gleich vorwegzunehmen; das Budget schliesst mit einem Aufwandüberschuss ab und das bislang hohe Nettovermögen wird vollständig abgebaut. Ungewohnt für Eglisau, in der Tat", schreibt Ruckstuhl, der gleichzeitig auch der "Säckelmeister" der Gemeinde ist. 

Was sind die Gründe für die roten Zahlen? Gemeindepräsident Ruckstuhl führt sie im besagten Editorial aus: Das Budget enthält erstmals für eine Teilperiode auch die Betriebskosten und die Kapitalfolgekosten für den Neubau des Sekundarschulhauses Schlafapfelbaum. Es mussten mehr Stellen im Asylwesen geschaffen werden. Die Erweiterung der Kläranlage und der Unterhalt der Infrastrukturen. 

Trotzdem: Eine Steuererhöhung - anders als in anderen Gemeinden - gibt es nicht. Das ist eine beruhigende Nachricht für die Eglisauer Bevölkerung. Der Steuerfuss ist auch ohne Erhöhung unattraktiv. Aber ist es auch ehrlich? Oder wird hier schon an die nächsten Wahlen 2026 gedacht? zueriunterland24.ch hat Gemeindepräsident und Finanzvorsteher mit ein paar brennenden Fragen konfrontiert.

zu24: Herr Ruckstuhl. Sie erwähnen im Editorial im Mitteilungsblatt, dass die Pro-Kopf-Verschuldung nun die Schmerzgrenze erreicht hat, der Steuerfuss jedoch stabil bleiben soll. Wäre es nicht ehrlicher, eine Steuererhöhung zu beantragen?

Roland Ruckstuhl: Die Gemeinde Eglisau wird in den kommenden Jahren mit einigen finanziellen Herausforderungen konfrontiert. Der Neubau des Sekundarschulhauses, einhergehend mit der Nutzung des frei gewordenen Schulraumes, die Erweiterung unserer Kläranlage sowie diverse notwendige Sanierungsarbeiten an unseren Gebäuden machen diese Ausgaben notwendig und sind teils gebundene Kosten, die wir schlicht zu leisten haben. Da führt kein Weg vorbei. Nur dank der umsichtigen Strategie und Planung des Gemeinderates können wir nach wie vor mit einem konstanten Steuerfuss planen, solange wir sorgfältig mit unserem Haushalt umgehen und keine grösseren «Überraschungen» auf uns zukommen.

Wieviel Wahlkampf ist bei „keine Steuererhöhung“ dabei? Immerhin geht es in zwei Jahren bereits um ihre Wiederwahl.

Dies erachtet der Gemeinderat als seine Aufgabe als gewählte Behörde, und wir stellen dabei nicht unsere Bedürfnisse in den Vordergrund, sondern das Wohl der Eglisauerinnen und Eglisauer.

Nochmal: Ist die Beibehaltung des Steuerfusses auch unter dem Aspekt der Wahlen in zwei Jahren zu verstehen? 

Als amtierende Behördenmitglieder betreiben wir Sachpolitik und keinen Wahlkampf.   

Können Sie dem Souverän garantierten, dass Sie bei einer allfälligen Wiederwahl auch in ihrer zweiten Legislatur auf Steuererhöhungen verzichten?

Die mehrjährige Planung sah natürlich schon länger voraus, dass wir unsere Ausgaben dereinst nicht mehr mit den eigenen flüssigen Mitteln decken können. Die vorherige Legislatur erwähnte denn auch, den Steuerfuss früher oder später anheben zu müssen. Wir im Gemeinderat gehen allerdings davon aus, dass eine sorgfältige Planung, etwas Verzicht und vor allem das Miteinander – und hier spreche ich die gesamte Bevölkerung an – uns davor bewahren wird. Und genau im Wissen um die Gegebenheiten der Zukunft hat die aktuelle Legislatur regelrecht gekämpft für ein relativ ausgeglichenes Budget 2025.

Nochmal:  Können Sie garantierten, dass der Steuerfuss auch nach einer allfälligen Wiederwahl unverändert bleibt? 

Schön wäre es. Die Frage ist letztlich immer, zu welchem Preis: Wenn der Steuerfuss gleichbleibt, aber z.B. zwingende Sanierungen nicht mehr vorgenommen werden können, ist letztlich niemandem gedient. Schauen Sie nach Deutschland, da gibt es genügend Beispiele dafür. Wir betreiben, wie gesagt, Sachpolitik und können zur Veränderung des Steuerfusses darum keine Garantien abgeben.

Welche Investitionen werden aufgrund der angespannten finanziellen Lage zurück gestellt?

Natürlich beobachten wir laufend die finanzielle und sachliche Situation. Es werden keine Projekte verschoben oder gekürzt, welche für ein reibungsloses Funktionieren der Gemeinde evident sind. Wir prüfen die Anforderungen auf Verhältnismässigkeit und streichen die sogenannten «nice to have»-Optionen, welche niemanden kurz- und langfristig beeinträchtigen.

Der aktuelle Gemeinderat unter ihrer Führung ist nicht gerade als sparsam aufgefallen. Sie haben die Verwaltung punktuell aufgestockt, eine Kommunikationsstelle geschaffen, externe Berater (AZW/Kleeblatt) gebucht. Wo ist der Gemeinderat bereit, den Gürtel enger zu schnallen?

Guten Beobachtern fällt allerdings auch auf, dass wir unser Verwaltungspersonal sukzessive erweitert haben. Dies ist zum einen den sehr hohen Anforderungen der Verwaltung, zum Teil auch den sehr stark wachsenden Begehrlichkeiten aus der Bevölkerung und Presse geschuldet, zum anderen werden die Aufgaben auch immer komplexer; vor 10 Jahren musste sich die Gemeinde noch nicht um Jahrzehnte-, Jahrhunderte- oder gar Jahrtausende-Projekte kümmern, wie z. B. die Sanierung der Ortsdurchfahrt, die Umfahrung Eglisau oder das Atomendlager. Auch der Umbau unserer Schule zwingt uns, neue Ressourcen bereitzustellen. Dem ganzheitlichen Beobachter dürfte aber auch nicht entgangen sein, dass sich die Bevölkerung seit dem Jahr 2004 nahezu verdoppelt hat, der Personalaufwand pro Einwohnerin/Einwohner jedoch nahezu unverändert ist. Der Gemeinderat ist somit sehr zuversichtlich, genau das Richtige im Interesse der Bevölkerung zu tun. Vielleicht wird uns aber auch erst später die Ehre zuteil, dies uns zuzuschreiben.

mj