Gerade in den Sommermonaten wurde die Untergass und die Rheinstrasse des Städtli Eglisau besonders an den Wochenenden von parkplatzsuchenden Ausflüglern überlastet. Der damalige Gemeinderat um Sicherheitsvorsteherin Elisabeth Villiger und Gemeindepräsident Peter Bär haben deshalb für die betoffenen Strassen ein Wochenend-Fahrverbot von Mai bis Ende September beschlossen. Nach einer Testphase und einem Verwaltungsgerichts-Entscheid wurde dieses erstmals am 1. Mai 2022 eingeführt. Ausgenommen von diesem Fahrverbot sind neben Gewerbe-Zubringern und Personen mit einer Beeinträchtigung, vor allem die Anwohner. Diese müssen jedoch jährlich bei der Gemeinde eine kostenlose Bewilligung beantragen.
Gegen diese Bewilligungs-Praxis - die vom aktuellen Gemeinderat übernommen wurde - wehrt sich schon länger der Untergass-Bewohner und Mitte-Politiker Sven Patrick Stecher. Sein Standpunkt: Eine Bewilligung sei nicht nötig, weil die genannte Gruppe Ausgenommener nicht unter das Fahrverbot falle. Die Praxis der Gemeinde sei widerrechtlich.
Aufsichtsbeschwerde beim Bezirksrat Bülach
Gemäss einem Schreiben, das zu24.ch vorliegt, hat der Präsident der Mitte Unterland, Sven Patrick Stecher, in dieser Sache nun Aufsichtsbeschwerde beim Bezirksrat Bülach zur widerrechtlichen Praxis in der Gemeinde eingereicht. Die Bewilligungs-Praxis sei vom heutigen Gemeinderat von dessen Vorgänger übernommen und leider entgegen seiner Einwendungen und Lösungsvorschlägen bestätigt und fortgesetzt worden.
zu24.ch hat Sven Patrick Stecher zur Rede gestellt
zu24: Sven Stecher, warum diese "Zwängerei"? Eine Bewilligung ist doch der einfachste Weg für alle, sofort zu sehen, ob jemand zur Durchfahrt berechtigt ist oder nicht.
Sven Stecher: Weil der einfachste Weg das pure Gegenteil von Rechtmässigkeit ist. Es ist einfacher Geld zu stehlen als zu erarbeiten, es ist einfacher jedem Auto einen Chip zu verpassen und online jegliche Geschwindigkeitsüberschreitung direkt vom Privatkonto in Abzug zu bringen, als individuell zu messen; es ist einfacher, den Bürgerinnen und Bürgern eine Bewilligungspflicht aufzulegen als nachweisen zu müssen, dass ein Unrecht begangen wurde und so weiter und sofort. Der Zweck heiligt die Mittel in der Rechtsanwendung eben nicht.
Selbst wenn Sie gemäss Gesetz recht haben sollten, wie kann man ohne gigantischen Aufwand rausfinden ob jemand Anwohner ist oder nicht?
Ganz einfach: Wenn die Polizei ein Fahrzeug anhält, kann über die Personalien des Fahrzeugführers der Wohnort festgestellt werden. Wenn der Arm des Gesetzes auch den stehenden Verkehr überprüfen will, ohne präsent zu sein, steigt natürlich der Aufwand überproportional an. Der darf jedoch nicht auf Kosten der Rechtmässigkeit abgekürzt werden. Es ist in diesem Fall ebenso die Aufgabe der Polizei, sämtliche Tatbestandselemente zu belegen: Sie muss beweisen, dass der Fahrzeugführer nicht in die Gruppe der vom Verbot Ausgenommen gehört. Zur Tauglichkeit der Massnahme: Das Auferlegen einer Bewilligungspflicht geht zudem aufs Kennzeichen des Fahrzeuges und nicht auf die Fahrzeugführerin oder den Fahrzeugführer. Dabei ist der Fahrzeugführer Gegenstand des Fahrverbotes und nicht das Fahrzeug, was also unpräzise gehandhabt wird: Ein Anwohner mit einem geliehenen Fahrzeug ohne „Bewilligung“ ist durch die Person berechtigt, die Kernzone zu befahren, hingegen eine auswärtige Person mit einem geliehenen Fahrzeug mit „Bewilligung“ unter der Scheibe, müsste natürlich entsprechend gebüsst werden, weil das Verbot nur Personen ausnimmt und nicht Kennzeichen.
Noch einmal: Anwohnende und die anderen Ausgenommenen sind nicht Teil des Verbotes. Sie dürfen so leben, wie wenn es keine Tafel gäbe.
Hand aufs Herz: Sie wollen dem Gemeinderat einfach zeigen, dass Sie Jurist sind. Es ist ein "Spiel" ohne Sieger.
Ich lege meine Hand aufs Herz und stelle fest, dass sie in einem Punkt Recht haben: meine Eitelkeit als Jurist spielt mit. Hinzu kommt noch mein Kampf für Rechtsstaatlichkeit, an die besonders Behörden in grossen Mass gebunden sind. So gesehen gibt es einen Sieger: den Freiraum von uns Bürgerinnen und Bürgern und das Vertrauen in eine Behörde, welche die Gesetze beachtet und innerhalb dieses Rahmens kreative Lösungen findet.
Nun haben Sie Aufsichtsbeschwerde beim Bezirksrat eingereicht. Warum diese drastische Massnahme?
Weil die Gespräche mit dem Gemeinderat, die ich seit gut einem halben Jahr geführt habe, diesen zu keiner Einsicht gebracht haben. Ich habe mir im September 23 sogar die Mühe gemacht, eine gesetzeskonforme Lösung für die Durchsetzbarkeit dieses Verbotes zu liefern und diese dem Gemeinderat zugestellt. Das war vor Monaten. Ich habe noch nicht einmal eine Antwort erhalten, dass mein Schreiben eingegangen sei. Empfinden Sie die Massnahme immer noch als drastisch?
Der Bezirksrat
Jede Person kann mittels Aufsichtsbeschwerde an den Bezirksrat gelangen, wenn sie bei einer Gemeinde einen Missstand feststellt. Diese Beschwerde ist kein förmliches Rechtsmittel, sondern ein sogenannter Rechtsbehelf. Das Gesetz lässt das angebrachte Vorgehen bewusst offen, der Anzeige-Erstatter ist nicht Partei und hat auch keinen zwingenden Anspruch auf die Behandlung seiner Aufsichtsbeschwerde oder weitere Informationen dazu.