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Kanton Zürich
22.06.2024

Bei der Biodiversität schert «Die Mitte Zürich» aus

Bild: pixabay
Im Herbst steht eine Volksabstimmung zur Biodiversitätsinitiative an. Uneinig ist man sich in der «Mitte». Der Unterländer Ableger der Partei spielt dabei eine tragende Rolle.

Auf der Website der Mitte des Kantons Zürich ist zu lesen: "Biodiversitätsinitiative: Stimmfreigabe". Das erstaunt, denn die nationale Mutterpartei hat mit 102 zu 40 Stimmen bei 17 Enthaltungen klar die NEIN-Parole gefasst. Sie begründet die Absage an die Initative damit, dass diese grosse Teile unseres Landes in unantastbare Räume verwandeln wolle, was die Versorgungssicherheit stark beeinträchtige und unsere Abhängigkeit vom Ausland erhöhe. Auch würde die Initiative der nachhaltigen Energieproduktion schaden, indem sie neue Projekte blockiere und die Kosten in die Höhe treibe. In der Landwirtschaft würde sie die lokale Nahrungsmittelproduktion weiter reduzieren und damit den aktuellen Diskussionen über die Ernährungssicherheit widersprechen. Warum also sieht das die Mitte Kanton Zürich anders?

Auf Anfrage von zu24, bestätigt die Mitte Kanton Zürich, dass sie die Kernanliegen der Biodiversitätsinitiative gutheisse. Die Initiative setze sich zum Ziel, die Natur als unsere Lebensgrundlage zu schützen. Biodiversität leiste einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und gegen Umweltkatastrophen. Auf der anderen Seite, gäbe es durchaus auch kritische Forderungen in der Initiative, die es zu hinterfragen gelte. Zum Beispiel würde der verstärkte Ortsbildschutz neue Bauprojekte verhindern oder verteuern, was auch notwendige energetische Sanierungen erschwere. Aufgrund dieser Diskussion haben die Delegierten die Stimmfreigabe beschlossen.

Als Vertreter der Mitte Zürcher Unterland und des Bezirks Bülach war Sven Patrick Stecher bei der Diskussion dabei.

ZU24: Sven Patrick Stecher. Entgegen der nationalen Mitte hat der Zürcher Flügel die Biodiversitätsinitiative nicht abgeschmettert sondern Stimmfreigabe beschlossen. Ist das eine Zürcher Palastrevolution?

Sven Patrick Stecher: Nein. Wenn schon eine sanfte Renovation des bestehenden Gedankengebäudes

Reden Sie bitte Klartext.

Gerne. Eigentlich war alles klar nachdem unser Nationalrat Philipp Kutter die Position der nationalen Denkerinnen und Denker darlegte. Sinngemäss: „Gutes Anliegen, geht jedoch zu weit.“

Was ja vielen Initiativen eigen ist.

Ja. Ich war schon bereit, mit der Stimmkarte die Initiative bachab zu schicken, da meldeten sich Sandra Beriger, die Vizepräsidentin der Zürcher Mitte Frauen und Jeanette Wibmer, Präsidentin der Mitte im Bezirk Andelfingen, zu Wort und zeigten auf, dass es mit dem Schutz der Vielfalt in der Natur und des erhaltenswerten Ortsbilds alles andere als ausreichend ist, so „vernünftig“ weiterzufahren, wie bisher. Jetzt setzte bei mir das Denken ein: Ist es wirklich so, dass damit rund 30% unseres Bodens unserer Landwirtschaft entzogen und dem Naturschutz zugeführt werden, wie es in den Materialien zur Vorlage verlangt wird?

Und? Ist es so?

Natürlich nicht! Bindend für die Umsetzung ist der Verfassungstext mit einer wichtigen Kernidee ohne eine sture Zumessung. Das Parlament wird in der ausführenden Gesetzgebung wie immer Augenmass walten lassen und einen ausgewogenen Kompromiss beschliessen. Darauf dürfen wir vertrauen.

Und was sagen Sie dazu, dass argumentiert wird, mit der Biodiversitätsinitiative können Vorhaben zum Klimaschutz blockiert werden?

Das Argument unterliegt dem Denkfehler der unterschiedlichen Grössenordnung. Der Klimaschutz ist eine europäische Dimension. Verpassen wir unsere Klimaziele, macht das für die Schweiz viel weniger aus, als wenn wir in der Biodiversität hinten nachhinken. Denn das ist eine Schweizer Dimension und schlägt hier 1 zu 1 durch. Diese Asymmetrie der Auswirkungen zeigte ich auch der Delegiertenversammlung auf und votierte für Annahme der Initiative.

Und diesen Gedanke haben alle begriffen?

Das weiss ich ehrlich gesagt nicht. Aber alle merkten, dass die Argumente der Mitte Frauen und sogar die aus dem landwirtschaftlichen Andelfingen nicht nur mutig sondern auch vernünftig untermauert sind.

Die Biodiversitätsinitiative wurde am 8. September 2020 mit mehr als 100’000 gültigen Unterschriften eingereicht. Am 22. September 2024 kommt die Vorlage an die Urne. 

Hier geht es zu der Website der Befürworter.

Hier geht es zu der Website der Gegner. 

mj