Mitgliederschwund, knappe Finanzen, Nachwuchsprobleme. Die Landeskirche steckt in schwierigen Zeiten. Aus diesem Grund hat sie den Verteilungsschlüssel für Pfarrstellen schon vor vier Jahren angepasst. Für Kleinstgemeinden, wie Regensberg eine ist, bedeutet die Pfarrstellenvergabe massiv weniger Betreuung. So muss der Regensberger Pfarrer Mathias Bänziger sein sowieso schon tiefes Pensum von 60% um weitere 10% reduzieren.
Ist es mit einem 50% Pensum überhaupt noch möglich die seelsorgerischen Aufgaben zu erfüllen? Kann Pfarrer Bänziger noch genug für seine Gemeinde da sein? zu24.ch hatte die Gelegenheit ihm ein paar Fragen zu stellen.
zu24: Der Verteilschlüssel wurde bereits vor vier Jahren angepasst. Warum kommt die Pensen-Reduktion bei Ihnen erst jetzt?
Pfarrer Mathias Bänziger: Wir haben damals einen Antrag für einen Innovationskredit gemacht, der für vier Jahre genehmigt wurde, weil wir herausstreichen konnten, eine Profilgemeinde mit regionaler Ausstrahlung und besonderen Angeboten rund um Musik und Spiritualität zu sein. Zur damaligen Zeit war die Möglichkeit für solche Kredite ein Novum und entsprechend noch nicht so bekannt. Dies hat sich mittlerweile geändert, sodass für die neue Legislatur 2024-28 sehr viel mehr Gemeinden entsprechende Anträge gemacht haben. So erkläre ich mir, dass wir unter diesen Umständen nicht mehr genügend herausstachen und uns also keine weiteren 10% gesprochen wurden.
Was ist ihre persönliche Meinung zu dieser Reduktion?
Aus gesamtkirchlicher Sicht von Kirchenrat und Synode kann ich verstehen, dass Anpassungen nötig sind, wenn man den Mitgliederschwund, die knapper werdenden finanziellen Mittel, aber auch den schwindenden Nachwuchs an Pfarrpersonal bedenkt. Aus persönlicher Sicht wie auch aus Sicht unserer Gemeinde kann ich es jedoch nur bedauern, da wir in Regensberg ein breites Angebot haben und für unsere bescheidene Grösse doch recht aktiv und gut aufgestellt sind. Mit der nun anstehenden Reduktion müssen wir wohl oder übel Dinge ‘über Bord werfen’, damit das Ganze nicht einfach auf eine Gehaltskürzung hinausläuft. Das wiegt umso schwerer, als die meisten Pfarrpersonen oftmals weit über ihr eigentliches Pensum hinaus arbeiten, aus Überzeugung und Herzblut. Wenn einem dann die Stelle gekürzt wird, fühlt sich dies einfach nur unschön an. Was ich überdies bedauert habe, war die unpersönliche Art, mit der der Kirchenrat die Kürzungen vollzogen hat. Es wurde nie das persönliche Gespräch gesucht, vielmehr wurde über einen bestimmten Schlüssel und ohne Dialog bürokratisch entschieden.
Was ist mit 50% in Regensberg überhaupt noch möglich?
Das wird sich zeigen! Wir haben einige Massnahmen definiert, wie wir auch unter den gegebenen Umständen möglichst schmerzfrei das Gemeindeleben weiterhin sinnvoll pflegen können. Sinnvoll heisst: Auch Angebote weiterzuführen, die nicht ins ‘absolute Muss’ fallen wie die sonntäglichen Gottesdienste, Seelsorge oder Konf-Unti. Das sind ohne Zweifel zentrale Säulen einer Kirchgemeinde. Aber Angebote wie Kontemplation, Bibelgespräche und Erwachsenenbildung insgesamt dienen der Gemeinschaftsbildung und dem lebendigen Austausch oftmals genauso und erreichen v.a. eine teils andere Zielgruppe. So versuchen wir, einen ausgewogenen Mittelweg zu gehen, indem wir das eine tun, aber das andere (nicht ganz) lassen.
Reichen 50% zum Leben oder wie organisieren Sie sich?
Nein, 50% reichen selbstverständlich nicht, um eine Familie zu ernähren. Das ist ein weiteres Problem, das ich kritisiere. Es gibt aufgrund besagter Kürzungen immer mehr Teilzeitstellen in Pfarrämtern, und wenn man mehr arbeiten muss oder will, muss man irgendwelche Kombinationen machen, die nicht immer praktikabel sind. Oder aber man wechselt die Stelle, was aber im Unterschied zu vielen anderen Berufen die ganze Familie betrifft, weil damit meistens ein Wohnortswechsel einher geht. Ich für meinen Teil habe mich nach wie vor für Regensberg entschieden, weil ich die Menschen und den Ort hier liebe und überdies das Glück habe, noch 40% an der Fachschule Nordwestschweiz in Brugg-Windisch arbeiten zu dürfen. Das gibt mir Einblick und Gestaltungsmöglichkeiten in einem noch ganz anderen Kontext als dem von Kirche.