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Region Kloten
06.08.2024

Der Strassen-Krieg im Eigental

Bild: Stadt Kloten
Im Streit um die Schliessung der Eigentalstrasse erhebt der «Zürcher Unterländer» Vorwürfe gegen die Allianz «Unser Eigental». Diese nimmt gegenüber zu24 nun Stellung.

Im Streit um die geplante Schliessung der Eigentalstrasse in einem national bedeutenden Schutzgebiet erhebt der Zürcher Unterländer in einem Kommentar schwere Vorwürfe gegen die betroffenen Gemeinden. Der Kommentar bezeichnet ihren Widerstand als „demokratische Satire“ und kritisiert den Einsatz von Steuergeldern für PR-Kampagnen. Jetzt äussert sich die Allianz „Unser Eigental“ dazu und verteidigt ihr Vorgehen.

Ein satirisches Drama der Demokratie

Der Kommentar von Christian Wüthrich im Zürcher Unterländer vom 3. August beschreibt die aktuelle Lage als „demokratische Satire“. Wüthrich prangert an, dass die Gemeinden Oberembrach, Kloten und Nürensdorf, die ursprünglich selbst der Schliessung zugestimmt hatten, nun einen Rückzieher machen und mit beträchtlichen Mengen an Steuergeldern gegen die Vereinbarung kämpfen. Eine Vereinbarung, die sie vor sieben Jahren mit dem Kanton und verschiedenen Interessenverbänden getroffen hatten.

Diese „marode Nebenstrasse“ durch das schützenswerte Tal sollte per 2027 endgültig geschlossen werden, um das ökologische Gleichgewicht zu bewahren. Überraschenderweise blieb dieser Plan über Jahre hinweg ohne Widerstand. Doch jetzt, kurz vor Ablauf der zehnjährigen Übergangsfrist, formiert sich plötzlich heftiger Widerstand.

„Unser Eigental“ kontert: Ein Kampf für die Bürger

Die Allianz „Unser Eigental“, die die Interessen der betroffenen Gemeinden vertritt, hat nun in einer Stellungnahme auf zueriunterland24.ch geantwortet. Sie weist die Vorwürfe entschieden zurück und betont, dass die ursprüngliche Vereinbarung unter erheblichem Druck und nicht aus freiem Willen getroffen wurde. Sie verweist auf 20'000 Unterschriften, die damals gegen die Schliessung gesammelt, aber ignoriert wurden.

Die Allianz stellt die Zweckmässigkeit und Angemessenheit der Strassenschliessung in Frage und fordert eine erneute Prüfung der Sachlage vor der endgültigen Umsetzung. Besonders problematisch sei die erhöhte Belastung der Ausweichrouten durch Wohnquartiere, deren Schutzmassnahmen als unzureichend bewertet werden. Es gehe um eine ernsthafte Güterabwägung: Naturschutz versus Lebensqualität der Bewohner.

Unklare Faktenlage und verpasste Aufklärung

Ein zentraler Punkt der Kritik der Allianz „Unser Eigental“ betrifft die Faktenlage, auf der die damalige Entscheidung beruhte. Die Allianz wirft Wüthrich vor, in seinem Kommentar seichte Ungenauigkeiten verbreitet zu haben. Sie bemängelt, dass die zusätzlichen Belastungen für die Bewohner der Ausweichrouten nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Zudem seien die getroffenen Schutzmassnahmen für diese Wohnquartiere fragwürdig.

Die Allianz argumentiert weiter, dass es nicht nur um die Schliessung von Restaurants oder Läden geht, wie im Kommentar suggeriert, sondern um eine umfassende Abwägung der Güter. Es müsse geprüft werden, ob die vollständige Schliessung wirklich so starke Verbesserungen für den Naturschutz bringe, dass die zusätzliche Belastung der Wohnbevölkerung gerechtfertigt sei. Es gehe auch darum, ob die aktuellen Teilsperrungen oder mögliche Anpassungen ausreichend wären, um das Gleichgewicht zwischen Naturschutz und Lebensqualität zu wahren. Die Allianz „Unser Eigental“ wirft den Entscheidungsträgern vor, die Realität vor Ort und die veränderten Verkehrsbedingungen zu ignorieren.

Laut kantonalen Verkehrsmessdaten gibt es jedoch keinen Anstieg des Verkehrs auf den Ausweichrouten – im Gegenteil, es fahren heute täglich 700 Fahrzeuge weniger zwischen Kloten und Bassersdorf als noch vor zehn Jahren.

Ob die Strasse im Sommer 2027 tatsächlich für den Durchgangsverkehr geschlossen wird, bleibt abzuwarten. Der Kanton hält bisher an der Entscheidung vom runden Tisch fest, trotz des lauten Protests aus den Gemeinden.

Stellungnahme der Allianz «Unser Eigental» im Wortlaut

"Im Kommentar vom 3. August holt der Zürcher Unterländer zu einem veritablen Rundumschlag gegen die Anrainergemeinden des Eigentals aus. Er unterstellt, sie würden eine vor 7 Jahren getroffene Vereinbarung brechen und mit Steuergeldern hintertreiben. Dies sei eine «demokratische Satire», meint er dazu. 

Tatsächlich wurde 2017 eine Vereinbarung unterzeichnet, welche die vollständige Schliessung 2027 vorsieht. Allerdings wurde diese Vereinbarung unter erheblichem Druck und nicht aus freiem Willen geschlossen. Davon zeugen auch die 20'000 Unterschriften, die damals innert Monatsfrist gesammelt wurden, aber leider wirkungslos blieben. Es erscheint deshalb legitim, die Zweckmässigkeit, Angemessenheit und allenfalls Rechtmässigkeit der nahenden vollständigen Schliessung zu überprüfen. Ausserdem zeugt es von einem seltsamen Verständnis von Demokratie, wenn der politische Auftrag der Bevölkerung an die Behörden als «Satire» bezeichnet wird. Es darf durchaus hinterfragt werden, ob die Grundlagen für den damaligen Entscheid noch immer Gültigkeit haben. Man mag bemängeln, dass diese Einsicht reichlich spät kommt. Aber nach den über die Jahre gesammelten Erfahrungen kann der Zeitpunkt auch als genau richtig angesehen werden. Statt nach der Schliessung einen Aufstand zu inszenieren, soll vorher die Sachlage nochmals eingehend geprüft werden. 

Bemerkenswert ist die seichte Ungenauigkeit des Redaktors. Die Ausweichrouten führen durch Wohnquartiere, die erheblich mehr belastet werden. Ob die bereits getroffenen Massnahmen zum Schutz der Bewohnenden ausreichen, darf bezweifelt werden. Es geht auch nicht um Restaurant- oder Ladenschliessungen (selbst wenn der kausale Zusammenhang aufgezeigt werden könnte). Sondern es geht um eine Güterabwägung, die mit der aktuellen Faktenlage und vor der Schliessung erneut vorgenommen werden sollte. Kann der Schutz der Natur mit der vollständigen Schliessung so stark verbessert werden, dass die zusätzliche Belastung der Wohnbevölkerung in den Quartieren in Kauf genommen werden muss? Wiegt dies in allen Aspekten den täglichen Kollaps des Verkehrs in der Region auf? Sind die lokalen Auswirkungen für die Bewohnenden auf Dauer zumutbar? Oder genügt die aktuelle Lösung mit Teilsperrungen oder allenfalls mit Anpassungen?

In diesem Sinn verstehen die Gemeindebehörden den Auftrag der Stimmberechtigten resp. des Parlaments. Sie bleiben dem sorgsamen Mitteleinsatz verpflichtet und verschliessen sich sachlichen Argumenten nicht. Durch die Beschlüsse sind sie aber verpflichtet, die Sachlage nochmals eingehend zu prüfen und diese Güterabwägung einzufordern. Dies hätte der Redaktor des Zürcher Unterländer eigentlich auch vor der Publikation seines Meinungsartikels in Erfahrung bringen können."

mj