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Region Dielsdorf
13.09.2024
13.09.2024 05:38 Uhr

Keine Interesse: Jungbürgerfeier in Boppelsen abgesagt

Symbolbild.
Symbolbild. Bild: Wikipedia
Die Jungbürgerfeier in Boppelsen wurde wegen mangelnder Anmeldungen abgesagt. Ein Trend, der sich in vielen Schweizer Gemeinden abzeichnet – die Teilnahme sinkt kontinuierlich.

Boppelsen hätte heute Freitag zur diesjährigen Jungbürgerfeier geladen. Doch anstatt einer festlichen Begrüssung der neuen Stimmbürger muss die Gemeinde einen bedauerlichen Schritt verkünden: Die Feier fällt aus. Grund dafür ist das geringe Interesse – zu wenige Anmeldungen sind eingegangen, um den Anlass durchzuführen. Ein weiteres Beispiel dafür, dass dieses traditionelle Ritual in der Schweiz zunehmend an Anklang verliert.

Jungbürgerfeiern, einst ein bedeutender Moment für die 18-jährigen Schweizerinnen und Schweizer, haben ihre einstige Strahlkraft verloren. Was einst eine feierliche Einführung in die Rechte und Pflichten des politischen Lebens war, scheint für viele Jugendliche an Relevanz verloren zu haben. Die Teilnahme ist in vielen Gemeinden auf unter 15 Prozent gesunken, in manchen Fällen wie in Boppelsen oder auch St. Gallen liegt die Quote sogar deutlich darunter. Die Feier, die den jungen Menschen den Schritt in die Welt der Stimm- und Wahlberechtigten erleichtern soll, wird offenbar von immer weniger Jugendlichen als wichtig empfunden.

Der Gemeinderat von Boppelsen bedauert die Absage zutiefst und betont, dass man gehofft habe, genügend Anmeldungen zu erhalten, um den traditionellen Anlass durchzuführen. Doch die Realität sieht anders aus. Nicht nur in Boppelsen, auch in vielen anderen Gemeinden in der Deutschschweiz kämpfen die Behörden mit dem schwindenden Interesse. Einige Kommunen reagieren darauf mit kreativen Alternativen – von gemeinsamen Feiern mit benachbarten Gemeinden bis hin zur Integration des Anlasses in andere Veranstaltungen. Doch in vielen Fällen, wie auch hier, bleibt am Ende nur die Absage.

Bülach hat das Konzept angepasst

Der jährliche Anlass für junge Erwachsene in Bülach wurde im letzten Jahr neu gestaltet. Statt wie in den Vorjahren Bowling im Riverside mit anschließender Carfahrt und Kinogutscheinen anzubieten, findet der Event seit 2023 im Lokal Breakpoint statt. Hier können die Teilnehmenden Billard spielen und eine Mahlzeit genießen. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, einen Gutschein für Billard zu gewinnen. Auch in diesem Jahr folgt die Veranstaltung dem neuen Konzept, und es sind aktuell keine weiteren Änderungen geplant. Die letzte Anpassung wurde erst kürzlich vorgenommen.

Die Teilnehmerzahlen der letzten Jahre variierten gemäss Stadtschreiber Christian Mühlethaler stark: 2019 meldeten sich von 204 eingeladenen Personen 43 an, während 2021 nach einer Corona-bedingten Verschiebung 71 von 430 Eingeladenen teilnahmen. Im Jahr 2022 gab es 39 Anmeldungen bei 226 Einladungen, und 2023 waren es 24 Anmeldungen bei 221 Einladungen.

Altes Ritual, schwindender Reiz

Das sinkende Interesse an Jungbürgerfeiern ist kein neues Phänomen. Schon im September 2022 berichtete Radio SRF über den allgemeinen Rückgang der Teilnahme. Die Gründe dafür sind vielfältig. Während in einigen Gemeinden wie Grindelwald im Berner Oberland das Ritual nach wie vor auf großes Interesse stößt – hier kommen bis zu 80 Prozent der Jungbürger zur Feier –, erlebt der Rest der Schweiz einen gegenteiligen Trend. In der Berggemeinde kennt man sich, der Zusammenhalt ist stark, was sich auch in der Teilnahme widerspiegelt. Andere Gemeinden haben hingegen mit einer stark gesunkenen Beteiligung zu kämpfen und müssen sich der Frage stellen, ob die Jungbürgerfeier in ihrer jetzigen Form überhaupt noch zeitgemäß ist.

Ein prominentes Beispiel für den Wandel ist die Stadt Zofingen (AG), die ihre Jungbürgerfeier nach immer weiter sinkenden Teilnehmerzahlen – zuletzt nur noch 11 Prozent – auf Eis gelegt hat. 

Wohin mit der Tradition?

Die Frage, wie man junge Menschen stärker für die Teilnahme an der politischen Gemeinschaft begeistern kann, bleibt offen. Einige Gemeinden, wie Rorschacherberg, haben sich entschieden, die Jungbürgerfeier ganz zu streichen. Stattdessen werden die neuen Stimmberechtigten direkt zur Bürgerversammlung eingeladen und dort namentlich begrüßt. Andere Gemeinden suchen nach innovativen Wegen, das Ritual attraktiver zu gestalten – sei es durch neue Formate oder die Integration in bestehende Veranstaltungen wie die 1. Augustfeier.

Ob die Jungbürgerfeier in Boppelsen jemals wieder auf mehr Resonanz stoßen wird, bleibt abzuwarten. Der Gemeinderat bleibt optimistisch, dass man in Zukunft das Ritual vielleicht in einer anderen Form neu beleben kann. Doch der heutige Freitag, an dem eigentlich gefeiert werden sollte, wird in diesem Jahr still verstreichen. Ein Symbol für einen Wandel, der in vielen Schweizer Gemeinden bereits Realität ist.

mj