Ein seltenes Schauspiel bietet sich derzeit Spaziergängern, Velofahrern und Sportbegeisterten entlang des Flusses Glatt zwischen Bülach und Hochfelden. Die Baudirektion des Kantons Zürich hat ein einzigartiges Bauprojekt gestartet, um den Fluss nach Jahrzehnten wieder ein Stück der Natur zurückzugeben.
Die Baustelle erstreckt sich über 200 Meter auf der Westseite der Glatt, parallel zur Vita Parcours Treppe, die zum Posten Ringe führt. Wer sich auf dem geteerten Velostreifen bewegt, kann die Arbeiten hautnah miterleben. Doch was steckt hinter diesem Vorhaben?
Vor über einem halben Jahrhundert, genauer gesagt vor 53 Jahren, wurde das Flussbett der Glatt in einen schnurgeraden Kanal gezwängt. Grund dafür waren wiederkehrende Überschwemmungen, die dem Dorf Hochfelden und seiner Umgebung zu schaffen machten. Das Bauprojekt führte dazu, dass die Glatt direkt am Waldrand entlanggeführt wurde, um die Siedlungsgebiete zu schützen. Die natürlichen Windungen und die Dynamik des Flusses gingen verloren.
Nun, im Zuge eines gestiegenen Bewusstseins für Umwelt und Biodiversität, erhält der Fluss sein natürliches Bett zurück – zumindest teilweise. Durch den gezielten Einsatz von Steinen, Sand- und Kiesbänken sowie Holzpfählen wird die Fließgeschwindigkeit der Glatt verlangsamt. Diese „Zähmung“ soll nicht nur Überschwemmungen vorbeugen, sondern auch neue Lebensräume für Flora und Fauna schaffen.
Die Arbeiten sind in vollem Gange und sorgen für eine temporäre Sperrung des Uferwegs. Der Abschnitt zwischen der Autobrücke am Eingang von Hochfelden und der 700 Meter entfernten unteren Velo- und Fußgängerbrücke ist von Montag bis Freitag tagsüber nicht zugänglich. Spaziergänger und Radfahrer müssen sich deshalb auf Umwege einstellen, doch das Ergebnis dieser Maßnahmen dürfte die kleine Unannehmlichkeit wert sein.
Der Eingriff in die Natur wird mit höchster Sorgfalt durchgeführt, um den Lebensraum an und in der Glatt zu bereichern und langfristig zu erhalten. Die „gezähmte“ Glatt soll ein Ort der Erholung und des Naturerlebens werden, an dem sich Mensch und Tier gleichermaßen wohlfühlen können.
Bis zur geplanten Fertigstellung am 27. September bleibt also noch etwas Zeit, um die Veränderungen zu beobachten und sich auf die „neue alte“ Glatt zu freuen.