Home Region Sport Schweiz/Ausland Magazin Agenda
Region Bülach
09.12.2024
09.12.2024 05:37 Uhr

Eglisau: Neue Altersheim-Chefin sorgt für Diskussionen

Bild: Marc Jäggi
Das Alterszentrum Weierbach (AZW) in Eglisau bekommt ab Februar 2025 eine neue Geschäftsleiterin. Die Personalentscheidung sorgt für Gesprächsstoff.

Das Alterszentrum Weierbach (AZW) steht seit Jahren vor erheblichen Herausforderungen: rote Zahlen, personelle Wechsel und Unsicherheiten bei Mitarbeitenden und Bewohnenden. Mit der Wahl von Béatrice Fontana zur neuen Geschäftsleiterin soll ein Neuanfang eingeleitet werden. Doch ihre berufliche Vergangenheit wirft Fragen auf.

Eine Institution in der Verlustzone

Seit über einem Jahrzehnt schreibt das AZW rote Zahlen. Der bisherige Heimleiter, Thomas Bucher, trennte sich nach nur 1,5 Jahren im Amt im Herbst 2024 in gegenseitigem Einvernehmen von der Institution. Die Behörde für Alters- und Pflegefragen (BAPF), die für die strategische Führung des Alterszentrums verantwortlich ist, hat die Stelle neu besetzt. Mit Béatrice Fontana, einer erfahrenen Fachfrau, hofft man auf eine Stabilisierung der Lage und vor allem auf die Lösung von Problemen und Schwierigkeiten. 

Heftige Kritik während Engagement in Schaffhausen

Béatrice Fontana, die unter ihrem Ledignamen Mathys bereits Schlagzeilen machte, hat eine umfangreiche Karriere in der Leitung von Alterszentren vorzuweisen. Ihre Erfolge in der Stabilisierung von Institutionen stehen jedoch im Schatten kritischer Berichte aus dem Jahr 2017 über ihre Zeit im Alterszentrum Kirchhofplatz in Schaffhausen. Damals klagten Mitarbeitende und Angehörige über schlechte Arbeitsbedingungen, mangelnde Betreuung und unzureichende Erreichbarkeit der Leitung. Fontana kündigte nach einer internen Untersuchung durch die Stadt Schaffhausen. Sie wurde per sofort freigestellt, weil ihre Präsenz aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich sei, wie die Stadt Schaffhausen damals in einer Mitteilung schrieb. 

Im Jahr 2023 trennte sie sich vom Alters- und Pflegeheim Sunnehof in Immensee, offiziell wegen „unterschiedlicher Auffassungen über die strategische Ausrichtung“.

BAPF steht hinter dem Personal-Entscheid

Die BAPF unter der Leitung von Gemeinderätin Regula Peter betont Fontanas Kompetenz und Erfahrung. Laut der BAPF ist sie die richtige Person, um das AZW sowohl personell als auch finanziell zu stabilisieren. Die Kritikpunkte aus der Vergangenheit wurden offen thematisiert, seien jedoch kein Hinderungsgrund gewesen, so Peter. Die BAPF verweist auf Fontanas Erfolge in anderen Institutionen und zeigt sich zuversichtlich, dass sie aus früheren Herausforderungen gelernt habe.

Sorgen von Mitarbeitenden und Bewohnenden

Innerhalb des AZW herrscht dennoch Verunsicherung. Mitarbeitende äußern Bedenken hinsichtlich der Führung und der eigenen Jobsicherheit, während Bewohnende gegenüber zu24 Ängste über die Zukunft der Betreuung äussern.  Der kommende Veränderungsprozess sorgt für Nervosität – eine Entwicklung, die nicht unüblich ist, aber eine hohe Sensibilität der neuen Leitung erfordert.

zueriunterland24.ch hat Regula Peter mit den Recherchen rund um die Personalie Fontana konfrontiert. Die Gemeinderätin und BAPF Präsidentin hat ruhig und professionell auf die "Vorwürfe" reagiert und alle Fragen offen beantwortet. Ihre Antworten hat sie ausserdem vor der heutigen Veröffentlichung, am letzen Freitag um 13 Uhr mit den Mitarbeitenden des Alterszentrum Weierbach besprochen. An dieser Besprechung war auch BAPF-Mitglied Ruth Mattich dabei. 

Interview mit Regula Peter

zu24: Beatrice Fontana übernimmt die Geschäftsführung des AZW ab 1. Februar 2025. Warum ist sie aus Sicht der BAPF die richtige Person?

Regula Peter: Die BAPF hat mit Béatrice Fontana eine kompetente, erfahrene Führungsperson gefunden. Frau Fontana ist dipl. Institutionsleiterin, sie ist stark in der Optimierung von Prozessen und hat schon verschiedene Betriebe durch Veränderungsprozesse geführt. Frau Fontana bringt zudem fundierte betriebswirtschaftliche Fachkenntnisse mit, was für die Zukunft des AZW unabdingbar ist.

zu24: Wie ist die BAPF auf Béatrice Fontana gekommen?

Regula Peter: Die Ausschreibung erfolgte über ARTISET Kaderselektion, eine Dienstleistung des Branchenverbands. ARTISET nahm nach unseren Kriterien die erste Selektionierung inkl. erste Gespräche vor. Das zweite und dritte Gespräch mit einer engeren Auswahl der Bewerbenden wurde mit allen BAPF-Mitgliedern geführt.

zu24: Ein weiteres Führungs-Debakel kann sich das AZW nicht leisten. Was macht Sie sicher, dass es diesmal die richtige Person ist?

Regula Peter: Béatrice Fontana verfügt über ausgewiesene Erfahrung in der Leitung von Alters- und Pflegeheimen. Sie hat ihre Fähigkeiten in anderen Institutionen unter Beweis gestellt.

zu24: 2023 hat Béatrice Fontana als Leiterin des Alters- und Pflegeheims Sunnehof in Immensee wegen „unterschiedlicher Auffassung über die strategische Ausrichtung“ gekündigt. Was macht Sie sicher, dass die BAPF und Frau Fontana keine unterschiedlichen Auffassungen über die strategische Ausrichtung des AZW haben?

Regula Peter: Frau Fontana war fast zwei Jahre für den Sunnehof tätig, es war ihr gelungen, den Betrieb in personeller und finanzieller Hinsicht zu stabilisieren. Die nicht nur guten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Behörden ist bei vielen Institutionsleitungen ein Thema. Behörden fällt es oft schwerer, die operative und strategische Führung zu trennen; die Nähe zur Bevölkerung kann schnell von den eigentlichen Aufgaben ablenken. Die BAPF ist sich bewusst, dass sie für eine erfolgreiche Zusammenarbeit auch an dieser Abgrenzung arbeiten muss. Das Bewusstsein und der Wille von beiden Seiten, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und es offen anzusprechen, sehen wir als gute Grundlage.

zu24: 2017 machte Frau Fontana in Schaffhausen Negativ-Schlagzeilen. Dort war sie Leiterin des Alterszentrums Kirchhofplatz. Gemäss Schaffhauser Nachrichten gab es mehrere Klagen über die Zustände im Alterszentrum Kirchhofplatz. Es ging um die Bedingungen, unter denen die Menschen dort lebten, und um die Bedingungen, unter denen die Mitarbeitenden dort arbeiteten. Wussten Sie und die BAPF vor der Unterschrift von diesen Missständen unter Frau Fontana?

Regula Peter: ARTISET und Frau Fontana haben seit dem ersten Gespräch offen über dieses Arbeitsverhältnis und die vorhandenen Zeitungsartikel informiert. In solchen Fällen gilt es immer, alle Seiten zu berücksichtigen, um die Situation einordnen zu können. Die BAPF sah diesen Vorfall nicht als Hinderungsgrund.

zu24: Warum war der Fall Kirchhofplatz kein Grund, Frau Fontana nicht zu verpflichten?

Regula Peter: Wie gesagt, gilt es, solche Vorfälle einzuordnen. Frau Fontana bringt einen sehr guten Leistungsausweis aus verschiedenen Anstellungen mit. Wir sind überzeugt, dass sie aus den Erfahrungen die notwendigen Schlüsse gezogen hat und daran weiter gereift ist.

zu24: Es gebe wenig Vertrauen, es herrsche ein schlechtes Klima, war der Vorwurf von verschiedenen Mitarbeitenden damals. Als Laie finde ich es äusserst heikel, eine solche Person mit der schwierigen AZW-Situation zu betrauen. Sie offenbar nicht. Warum nicht?

Regula Peter: Verschiedene andere Berichte zeigen ein anderes Bild. Frau Fontana wurde für den guten und professionellen Umgang mit den Bewohnenden und Angehörigen gerühmt. Angestellte haben sie als Führungsperson sehr geschätzt.

zu24: Das grösste Fragezeichen setzen die Mitarbeitenden gemäss Schaffhauser Nachrichten damals hinter einen Punkt: die Erreichbarkeit der Chefin. Es sei schwierig, sie zu kontaktieren, sie sei oft abwesend – auch, weil sie einen Tag pro Woche von zu Hause aus arbeite. Wird es auch im AZW viele Abwesenheiten und Home Office für Frau Fontana geben?

Regula Peter: Die Aufgaben und Anwesenheiten einer Institutionsleitung erfolgen nach Absprache mit der Behörde. Die Gemeinde Eglisau bietet ihren Mitarbeitenden grundsätzlich die Möglichkeit, einen Tag Home Office pro Woche zu machen. Immer mehr Arbeitnehmende äussern dieses Bedürfnis und machen davon Gebrauch. Ob oder wie dies bei Frau Fontana in Anspruch genommen wird, ist offen. Der BAPF ist es ein grosses Anliegen, eine gute Gesprächskultur und einen respektvollen Umgang im AZW zu festigen. Wir trauen Frau Fontana zu, dass sie das Nötige dazu beitragen kann. Es braucht dazu selbstverständlich auch die Bereitschaft aller Mitarbeitenden.

zu24 hat mit Bewohnerinnen und Bewohnern und mit Mitarbeitenden gesprochen. Die Bewohnenden machen sich Sorgen für die Zukunft und einige Mitarbeitenden haben Jobängste. Was sagen Sie diesen Personen?

Regula Peter: Ein Veränderungsprozess, wie er auch bei uns ansteht, bringt Unsicherheit mit sich, diese können wir nicht aus dem Weg schaffen. Die BAPF hat grosses Verständnis für diese Gefühle, sie erwartet aber auch von allen Beteiligten eine Offenheit für Neues und eine unvoreingenommene Haltung gegenüber Frau Fontana.

zu24: An welchen Kriterien wird Béatrice Fontana gemessen? Wann ist ihre Verpflichtung ein Erfolg?

Regula Peter: Die konkreten Ziele wird die BAPF zusammen mit Frau Fontana definieren. Sie übernimmt eine anspruchsvolle Aufgabe. Wir erwarten neue und klare Strukturen im Betrieb und eine gute finanzielle Tragbarkeit. Damit können wir in Zukunft die Ansprüche an eine Alters- und Pflegeinstitution erfüllen und ein moderner und zuverlässiger Arbeitgeber und Dienstleistungsbetrieb sein.

 

mj