Eine Faustregel hilft
In solchen Momenten kann man hoffen, dass der andere den ersten Schritt macht ... Oder man fragt den immer wieder bedeutungsvollen Knigge. Laut diesem gibt es zwar kein Gesetz, das festlegt, wann Neujahrswünsche nicht mehr erlaubt sind, aber es gibt eine Faustregel: Für eher unbekannte Menschen – etwa den Nachbarn, den man nur beim Müll rausbringen sieht – beschränken sich die Wünsche auf die ersten beiden Januarwochen. Alles danach könnte wirken, als hätte man den Jahreswechsel verschlafen.
Doch Ausnahmen bestätigen die Regel: Sieht man eine vertraute Person erst Ende Januar, darf man getrost noch mit einem «gutes neues Jahr» punkten. Aber Achtung: Ab Februar könnte es auch hier so wirken, als hätte man sich irgendwie im Monat verirrt oder lebt nach einem eigenen Jahreskalender.
Bitte nicht als Floskel
Und um es nochmals in Erinnerung zu rufen (darüber redet Knigge zwar nicht, ist aber mindestens so wichtig): Wünsche sind Wünsche und keine Floskeln. Ein vom kommunikativen Autopiloten daher gesagtes «Ich wünsche dir ein gutes, neues Jahr» ist nicht mehr als eben eine Wortzusammensetzung im Stil von «Hauptsache ich hab etwas gesagt».
Weil einander etwas wünschen etwas sehr Schönes ist, mache ich folgendes beliebt: Wünschen Sie es wirklich! Sammeln Sie kurz den Gedanken, sprechen den Wunsch aus, schauen in die Augen, lassen die Aussage ankommen (oder im Theaterjargon «landen») – und machen eine kurze Pause. Dann können Sie ja immer noch mit dem eigentlichen Gespräch beginnen. Aber «Ich wünsche dir noch ein gutes, neues Jahr und hast du gesehen, ein Kunde hat sich noch beschwert» im gleichen Satz und Atemzug nimmt dem Wunsch das Verheissungsvolle.
Ich wünsche Ihnen ein freudvolles, schönes, gutes, neues Jahr – mit den nötigen Pausen am richtigen Ort und zur richtigen Zeit …