Die Luft im Zentrum Tannewäg war geladen: Der Saal war voll. Die Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, um über die geplante Deponie Bleiki zu diskutieren. Es wurde ein intensiver, teils hitziger Abend mit klaren Fronten: Während Gemeindepräsident Kurt Altenburger und das Bauunternehmen Eberhard das Projekt verteidigten, machten die Gegner ihrem Unmut lautstark Luft. Besonders das Rafzer Bürgerkomitee sparte nicht mit Kritik.
Der Streit um Bleiki – Geld oder Umwelt?
Die geplante Deponie soll in der ehemaligen Lehmgrube Bleiki entstehen. Der Kanton Zürich empfiehlt den Standort, die Firma Eberhard hat das Projekt in die Wege geleitet. Der Gemeinderat Rafz hatte anfangs Bedenken, steht heute aber hinter dem Vorhaben. „Unsere Haltung hat sich von negativ-kritisch zu positiv-kritisch entwickelt“, erklärte Gemeindepräsident Kurt Altenburger kürzlich in einem Interview mit dem Zürcher Unterländer. Der Grund: „Wir haben uns intensiv mit der Deponiefrage beschäftigt und sind zum Schluss gekommen, dass die Risiken vertretbar sind.“ Zudem winken der Gemeinde jährlich rund eine Million Franken an Einnahmen.
Doch genau das sorgt für massive Kritik. Remo Blattner, Sprecher des Rafzer Bürgerkomitees, warf der Gemeinde vor, sich „kaufen“ zu lassen: „Vom absoluten Gegner zum Befürworter – und das nur wegen des Geldes!“ Er warnte vor massiven Eingriffen in die Natur, vor Lärm, Schmutz und Risiken für das Grundwasser. „Die giftigsten Stoffe sollen hier deponiert werden! Und wenn es eine Naturkatastrophe gibt – wer garantiert dann die Sicherheit?“ Blattner erhielt dafür Applaus.
Auch Kantonsrat Beat Hauser (GLP) äusserte sich kritisch. Er sprach von Hochwassergefahren, Naturzerstörung und zunehmendem Verkehr. „Das Zürcher Unterland entwickelt sich zur Müllhalde des Kantons. Irgendwo muss man eine Grenze ziehen.“
Eberhard kontert: "Unsere Deponien sind sicher"
Martin Eberhard, Geschäftsführer der Firma Eberhard, liess diese Vorwürfe nicht gelten. „Die Deponie erfüllt höchste Sicherheitsstandards“, versicherte er. 80 Prozent der Anlieferung erfolge per Bahn, der Eingriff in die Natur werde kompensiert. „Wir schaffen neue Naturschutzflächen, renaturieren das Gebiet und nutzen modernste Technik.“
Er versuchte, den Fokus auf die Notwendigkeit des Projekts zu lenken: „Es gibt Stoffe, die nicht recycelt werden können. Sie müssen irgendwo hin. Und Bleiki ist ein sicherer Standort.“ Die Deponie sei nicht nur gut für Rafz, sondern auch für die Umwelt.
Doch das Publikum blieb skeptisch. „Ich mache mir Sorgen um unser Grundwasser!“, rief ein Bürger in den Saal. „Warum wird nicht gesagt, wie viel Wald wirklich gerodet wird?“, fragte ein anderer. Moderator Dr. Matthias Knill hatte die Diskussion jederzeit im Griff. Er blieb neutral, trotz seiner Kommunikations-Mandate für die Firma Eberhard. Diese machte er gleich zu Beginn der Diskussion transparent.
Offene Fragen, gespaltene Meinungen
Je länger der Abend dauerte, desto emotionaler wurde die Diskussion. Während einige Anwesende dem Projekt grundsätzlich zustimmten und darauf vertrauten, dass alle Auflagen eingehalten werden, dominierten kritische Stimmen. „Die Lebensqualität in Rafz wird leiden“, warnte René Ehrensperger. Andere forderten, das Projekt nochmals zu überdenken und „nicht übers Knie zu brechen“.
Dennoch: Die Befürworter gewannen im Laufe des Abends an Boden. Ralf Sigrist etwa sagte: „Ich habe alles abgewogen und werde Ja zur Deponie sagen. Ich vertraue der Gemeinde und dem Kanton.“
Entscheidung im Juni – Kampf um die Mehrheit beginnt
Einen klaren Sieger gab es an diesem Abend nicht. Doch eines ist sicher: Die Abstimmung an der Gemeindeversammlung am 16. Juni 2025 oder ein allfälliger Urnengang wird richtungsweisend. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Argumente der Befürworter oder Gegner stärker wirken – und ob Rafz tatsächlich zur neuen Deponiestadt wird.