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Region Bülach
07.05.2025

Kein Storchennachwuchs in Glattfelden

Bild: Storchcam Glattfelden
Trotz grosser Hoffnung gibt es 2025 keinen Nachwuchs. Alle vier geschlüpften Küken sind innert weniger Tage verstorben. Die Verluste werfen Fragen nach den Ursachen auf.

Auch dieses Jahr wurden ihre Brutbemühungen per Livestream von zahlreichen Beobachterinnen und Beobachtern verfolgt. Fünf Eier legte das Paar, aus vier davon schlüpften Küken. Die Freude war gross – doch sie währte nur kurz.
Bereits in der Nacht auf den 28. April starb das erste Küken. Zwei weitere folgten in den frühen Morgenstunden des 5. und 6. Mai. Am heutigen 7. Mai mussten die Zuschauerinnen und Zuschauer auch den Tod des vierten Jungtiers miterleben. Damit bleibt das Nest leer – ein stilles Symbol für ein trauriges Storchenjahr in Glattfelden.

Ratlosigkeit und Anteilnahme

Die Anteilnahme in der Community ist gross. In den Kommentarspalten des Livestreams zeigen sich viele betroffen. Gleichzeitig werden mögliche Ursachen diskutiert: Könnte die Kälte der letzten Nächte eine Rolle gespielt haben? Wurden die Küken ausreichend gefüttert? Oder war eine Krankheit im Spiel? Ein Verdacht, der geäussert wird, ist die sogenannte Aspergillose – eine Pilzinfektion, die durch Schimmelsporen in feuchtem Nestmaterial ausgelöst werden kann. Sie ist tückisch, da sie schwer zu erkennen ist und oft erst spät Symptome wie Atemnot, Schwäche oder Wachstumsstörungen bei Jungvögeln verursacht. Trotz aller Spekulationen bleibt die Ursache unklar.

Ein Blick in die vergangenen Jahre

Ein Rückblick auf die Bruterfolge der letzten Jahre zeigt ein schwankendes Bild:

2019: 0 Junge
2020: 0 Junge
2021: 1 Junges
2022: 3 Junge
2023: 1 Junges
2024: 1 Junges
2025: 0 Junge
Diese Zahlen zeigen: Gelingende Bruten sind keine Selbstverständlichkeit.

Was beeinflusst den Bruterfolg?

Im Buch «Der Weissstorch» von Lorenz Heer werden zahlreiche Faktoren genannt, die den Bruterfolg beeinflussen können. Besonders Wetterextreme wie Regen oder Kälteeinbrüche zur falschen Zeit gefährden die empfindlichen Jungtiere in ihren offenen Nestern. Auch die individuelle Erfahrung und körperliche Verfassung der Altvögel spielt eine Rolle. In sogenannten Störungsjahren – mit zum Beispiel langanhaltendem Schlechtwetter, Wetterumschwüngen zur falschen Zeit oder stark eingeschränktem Nahrungsangebot – bleibt über die Hälfte aller Brutpaare in der Schweiz ohne Nachwuchs. Ein weiterer Aspekt wird im Buch beschrieben: die Qualität des Lebensraums und das Nahrungsangebot. In naturnahen Gebieten kann der durchschnittliche Bruterfolg bei über drei flüggen Jungvögeln liegen. In intensiv genutzten Agrarregionen wie in der Schweiz fällt dieser jedoch deutlich geringer aus.

Fazit: Zwischen Hoffnung und Herausforderung

Das Schicksal der Küken von Judith und Gottfried ist kein Einzelfall – es steht exemplarisch für die schwierigen Bedingungen, unter denen Weissstörche in der Schweiz brüten. Auch wenn der Verlust schmerzt, zeigt sich: Die Natur folgt eigenen Regeln, und jede erfolgreiche Aufzucht bleibt ein kleines Wunder.

Ein stiller Gedanke zum Schluss

Überall, wo man nicht hinschaut, scheint die Welt in Ordnung zu sein. Wir aber schauen hin. Und genau deshalb ist es wichtig, auch solche traurigen Momente zu teilen – für das Verständnis der Natur und für den respektvollen Umgang mit dem Leben.

Yvonne Russi/mj